At the record shop

von einbecker

Meine Freunde Bekannten können es nicht verstehen: Ich höre Schallplatten. »Was? Dir als Informatiker liegt doch das Netz zu Füßen!« Was prinzipiell natürlich stimmt (streiche Informatiker, setze Blogger), trifft es natürlich überhaupt nicht, denn MP3s lassen sich genausowenig mit Schallplatten vergleichen wie ebendiese mit einem Livekonzert.

Nun ist es bei mir wieder an der Zeit, nach 6 (arbeitsreichen) Wochen wieder in Dresden zu sein und mich auf den Besuch meines Plattenhändler des Vertrauens aufzusuchen. Die Vorfreude hierbei errechnet sich grob gesagt nach folgender Formel:

Vorfreude = Abwesenheitszeit * Durchschnittlicher Plattenkaufsquotient Faktor des Besserverdienens,

wonach ich also im zweistelligen Bereich einkaufen gehen sollte. Lange Vorrede, kurzer gar kein Sinn: Wie verhalte ich mich denn nun, wenn ich Platten kaufe? Hier ein kleiner Ratgeber:

  • 5. Eintreten

    Bitte nicht wörtlich nehmen, schließlich leben Plattenhändler von recht kleinen Margen und sind alles Individualisten (Ja, ich glaube an das gute im Menschen!). Ein kurzes Nicken und ein lockeres »Hey« oder nordisches »Moin« reicht völlig aus, um zu zeigen, dass Ihr da seid. Keinenfalls bitte ein »Habt ihr die neue Trail Of Dead da?« in Richtung Kasse werfen, denn damit versaut Ihr Euch eigentlich alle folgenden Punkte.

  • 4. Stöbern

    Hiermit (oder mit Punkt drei) wird am meisten Zeit verbracht. Wichtigste Zonen dabei sind natürlich die »Neuerscheinungen Pop/Rock« (keine Angst, kein Tokioer Hotel wird sich hier finden, Pop sind so Sachen wie Teenage Fanclub), »Neuerscheinungen Punk« (und lachen darüber, dass der Verkäufer sich nen Spaß gemacht hat und Green Day hier einsortierte), die »Gebraucht Und Günstig«-Ecke sowie die Reihen Eurer Lieblingsbands. Beim Stöbern sammeln sich dann einige Platten an, die man dann…

  • 3. Probehören

    … geht. Plattenteller sind genug da, Also kurz reingehört, ob man nicht Clash mit Velvet Underground verwechselt hat. Oder wieder feststellen, dass man die hälfte der Platten nicht braucht, weil sie irgendwelche Zusammenstellungen schon gekaufter Lieder sind. Also, wieder zurück damit in die Regale. (Für die Fortgeschrittenen: Trotzdem mitnehmen an die Kasse)

  • 2. An der Kasse

    Spätestens hier unterscheidet sich ein Plattenladen von einem Plattenshop: Wenn der Verkäufer Besitzer Euch jetzt nicht mit einer Phrase folgender Art anspricht, ist etwas faul: »Die Alte war noch nen Tick rockiger, fand ich besser.«, »Wenn Du die nett findest, hör dir mal die neue Detroit Cobras an!« oder (die beste!): »Saugeil. Endlich mal jemand, der die kauft!« Also, nochmal zurück und die empfohlenen Platten besorgt. Besser natürlich: Sagen können, dass die schon bei Euch im Schrank stehen. Noch besser: Wenn das auch stimmt.

  • 1. Verlassen

    Wenn die Portmonnaietaschen geleert sind geht es ab auf den Heimweg. Auch hier gilt: Als Abschied sind »Bis bald« oder »Tschö« total ausreichend, ein »…und einen schönen Tag noch!« gar komplett fehl am Platz. Ein letzter Tipp zum Tragen der Platten: Nur durchsichtige Plastiktaschen verwenden und die wichtigste (=unbekannteste) Platte nach außen, so dass auch jeder sehen kann, was man so hört.

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12 Kommentare

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  • Schür am 04.10.2005  #1

    Schöne Anleitung!

    Frage zu 3.: Warum nimmt man die Platten, die man nach dem Probehören nicht haben möchte, mit zur Kasse, anstatt sie wieder einzusortieren?

  • einbecker am 04.10.2005  #2

    Schür: das ist ja nur für Fortgeschrittene. Man hört Platten, die man nicht haben will, gar nicht Probe, sondern das Probehören dient nur der Entscheidungsfindung, welche der ganzen Platten nun tatsächlich gekauft werden müssen.

    Die neue Franz Ferdinand ist übrigens ein ganz heißer Kandidat, hier am Ende des Jahres noch einmal erwähnt zu werden.

  • Schür am 04.10.2005  #3

    Moment, also du kommst zum Beispiel mit 23 Platten zur Kasse und diskutierst dann erst zusammen mit dem Inhaber, welche 17 du davon nun wirklich kaufen möchtest?

  • jay am 04.10.2005  #4

    welcher plattenladen?

  • einbecker am 04.10.2005  #5

    Schür: Nein. 23 Platten probehören, 6 wegbringen, mit 17 an die Kasse, dann die empfohlenen 7 dazuholen, 24 bezahlen. ;-)

    jay: in meinem Fall Drop Out in Dresden, aber natürlich jeder schöne (nicht zu) kleine Laden in Deiner Nähe.

  • jay am 04.10.2005  #6

    hähä habsch mir doch gedacht…
    meine mama arbeitet im ‘nebenladen’
    und der besitzer vom drop out heißt übrigens willy
    (leider führt er nich meinen musikstil…)

  • jay am 05.10.2005  #7

    p.s. (oder so): wusste gar nich dass die ne webseite haben

  • myk am 05.10.2005  #8

    Leute, die Platten, noch dazu aus echtem und Vinyl kaufen, gehören geliebt und gelobt. Auch wenn sie einen dubiosen Geschmack vorweisen. ;)

  • Els am 05.10.2005  #9

    Ich bin gerade umgezogen und hatte hier Einrichtungshelfer, wobei jemand mit Blick auf meine “Plattensammlung” (bei mir sinds doch CDs) empfahl: “Für jede neu gekaufte immer eine weggeben!” (Und damit war nicht gemeint, dass meine alten so schlecht sind, sondern dass CDs sammeln nicht jedermanns (Elterns und so) Sache sind. Sie hatten das Argument des Platzmangels. Was fürn Schwachsinn.

  • Schür am 05.10.2005  #10

    Einbecker, wär’s nicht geschickter, sich direkt nach dem Betreten des Ladens vom Inhaber beraten zu lassen (»Saugeil. Endlich mal jemand, der mich fragt!« und »Ich glaube nicht, dass du ohne die Detroit Cobras gehen solltest«), um dann erst zu stöbern und sich zwei unnötige Wege zu sparen? Ich mein’ ja nur..

  • einbecker am 05.10.2005  #11

    Myk. Danke. Und das mit dem Geschmack ist ja so eine Sache. Solls elektronischer sein? Da kenne ich mich leider gar nicht aus…

    Els: Ja, also ich schmeiß die alten auch immer weg. Ist wie mit Freunden: Wenn ich Neue hab, wozu brauche ich noch die Alten? ;-)

    Schür: Wenn Du mal wieder in Dresden bist, dann erklär ich Dir das an einem Beispiel. Ansonsten bist Du nämlich ein hoffnungsloser Fall ;-)

  • myk am 06.10.2005  #12

    Na, Herr Einbecker – so ganz ernstgemeint war das doch nicht. Und, nein, Elektronik darf, aber muss nicht. Derzeit läuft zB. eine Live CD von Pop Will Eat Itself.
    Auch wenn ich zugeben muss, dass ich Ferdinand´s Franzl und Bloc Party und all ihre Freunde nicht recht begreife und mich an ihnen deshalb auch nur bedingt berauschen kann.

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