Was man nach der WM nicht vermissen muss

von JC Niemeyer

Es dauert nicht mehr lange und sie ist endlich zu Gast bei ihren Freunden, die Welt. Zum Glück, denn dann sind es nur noch ein paar Wochen, bevor der Spuk vorbei ist. Goleo und der bekloppte Ball werden in Rente, England wird Weltmeister geworden und der Fußball-Hype vorbei sein. Wie bei allen großen Sportturnieren ist davon auszugehen, dass die Zuschauer den Mannschaften die Daumen drücken, die Spannung in der Verlängerung oder beim Elfmeterschießen kaum ertragen können, sich mit den Siegern freuen und tragische Niederlagen bedauern werden. Deshalb ist Fußball immer noch wichtig, aber seien wir doch ehrlich: Inzwischen nervt die allgegenwärtige Vorfreude doch ein wenig. Fünf Dinge, die man nach der Weltmeisterschaft nicht vermissen muss:

  • 5. Fahnen

    Ständig begegnen einem als Verkehrsteilnehmer momentan beflaggte Autos. Man könnte fast glauben, in der ganzen Republik fände irgendein Gipfeltreffen statt. Aber weshalb sollten Diplomaten und Staatsmänner ihre dunklen Limousinen gegen rostige Kleinwagen und Handwerkerbullis eingetauscht haben? Haben sie natürlich nicht, es sind Fußballfans, die Flagge zeigen. Nach der WM haben sie ausgedient und kommen in den Keller (die Fahnen). Weil übermäßige Beflaggung in Deutschland seit gut sechzig Jahren nicht besonders populär ist, wird sie niemand vermissen.

  • 4. Countdowns

    Schuld an der Fahnenverbreitung ist der Einzelhandel, der sich in Sachen WM ohnehin nicht mit Ruhm bekleckert. Weiteres Beispiel: Elektrische Countdowns wo man hinsieht. Ein Countdown in der Getränkeabteilung, einer bei den Süßigkeiten, Countdowns hier, Countdowns da, Countdowns überall. Leute, so eine Weltmeisterschaft ist kein Raketenstart! Weg mit den Teilen, den 9. Juni kann man sich auch so merken.

  • 3. Fußballprodukte, weit hergeholte

    Wer hat verlangt, seinen Halbzeit-Hunger mit Weltmeister-Wurst und seinen Dribbel-Durst mit einem Getränk aus der Fan-Flasche stillen zu können? Niemand? Eben.

  • 2. Wildcard

    <insert your personal Ärgernis here>

  • 1. Die FIFA

    Den Weltfußballverband muss man auch nicht vermissen. Die Truppe hat schließlich kaum eine Gelegenheit ausgelassen, sich unbeliebt zu machen. Nein, keine Klagen über Hyundai-Aufkleber an Mercedes-Bussen, aber man denke bitte an die unmögliche Vergabepraxis für Eintrittskarten, den Versuch der – vorsichtig formuliert – total bescheuerten Sprachregelung und die Drohgebärden gegenüber Kiosken in Stadionnähe, die es wagen, Produkte zu bewerben, die nicht von offiziellen Werbepartnern hergestellt werden. Gut, dass die Herrschaften bald woanders ihr Unwesen treiben.

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5 Kommentare

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  • Bastian am 04.06.2006  #1

    Für mich ist die Werbung die einem von jeder Ecke her anspringt weil jeder Idiot versucht seine Sachen mit dem “WM”-Bezug an den Mann zu bringen auf allen 5 Plätzen…

    Als ob da eine Schokolade/Pizza/Nutte/Sexspielzeug mehr verkauft werden würde nur weil WM drauf steht.

  • Armin (Team) am 04.06.2006  #2

    Gibt’s diese Flaggen an den Autos also bei Euch auch? Hier kamen die Dinger vor ein paar Jahren auf als die Englaender den Nationalstolz wiederentdeckten, den ihnen die Schotten und Waliser vorgelebt hatten.

    Ist allerdings keine Eintagsfliege geblieben, die Flaggen werden jetzt regelmaessig zu EMs und WMs rausgeholt. Und wenn Tim Henman mal wieder Wimbledon gewinnt im Viertelfinale ausscheidet. Und wenn England im Rugby mal was gewinnt.

    Inzwischen hat sich sogar die Wissenschaft des Themas angenommen. Umweltbewusste Deutschen sollte also besser ohne Flagge fahren ;-)

  • Sumi am 06.06.2006  #3

    Hallo Herr Niemeyer!

    Zunächst einmal und weil das mein erster Kommentar zu einem Ihrer Texte ist, möchte ich mich als Fan outen. Ich kenne vermutlich bei weitem nicht alle Ihre Seiten (ich glaube, ich kenne drei), aber sie bereiten mir immer wieder vergnügliche Zeit wenn ich in den Weiten des Internet unterwegs bin.

    Diese WM-Top-5 finde ich vor allem deshalb interessant, weil ich zur Zeit nicht in Deutschland bin und von alldem überhaupt nichts mitbekomme. Hier in China ist nicht viel von der bevorstehenden WM zu spüren. Das könnte natürlich unter anderem daran liegen, daß China nicht nur nicht Gastgeberland ist, sondern nicht einmal mitspielen darf. Abgesehen von manchen Werbeplakaten ist das einzige an WM-Vorbereitung, das mir bisher aufgefallen ist, daß die koreanischen Läden Koreafanshirts verkaufen. Natürlich habe ich da sofort zugeschlagen. :)

    Eine dumme Frage sei mir deshalb erlaubt: was hat es mit einer Wildcard auf sich?

    Herzliche Grüße aus Beijing!
    Sumi Roos

  • Hr. Niemeyer am 07.06.2006  #4

    Die omnipräsente Produktpräsentation mit WM-Bezug war es auch, Bastian, die mich dazu brachte, diese Top5-Liste aufzustellen.

    Die Briten mag ich, Armin. Wie putzig, womit sich die Wissenschaft bei Euch so beschäftigt.

    Und Dir, Sumi, danke ich herzlich für die netten Worte. Du bist mein erster offizieller Fan. Ich werde den gestrigen Tag im Kalender anstreichen. Zu Deiner Frage: Eine Wildcard ist im Sport ein Freilos.

  • einbecker (Team) am 07.06.2006  #5

    Freilos ist natürlich etwas missverständlich, bedeutet dieses doch (wiederum im Sport) das das Los entschieden hat, dass man diese Runde gegen niemanden spielen muss. Herr “Rast” wird für diese Situation auch gerne missbraucht, weshalb er die wohl schlechteste Bilanz aller Tennisspieler dieses Planeten aufbietet (2.374.3234 Mal eine 0:6/0:6-Niederlage).

    Zurück zum Thema: Mir fallen spontan auch noch die “Experten” und das Organisationskomittee ein, die gerne fernbleiben dürfen. Erfreut bin ich hingegen von der Presselandschaft, die es doch tatsächlich schafft, mich mit 20seitigen Beilagen zu beliefern, die häufigst interessante Artikel beinhalten.

    Die Top 5, lieber Herr Niemeyer, ist mal wieder schön, sehr sehr schön. Und in die Fanliste bitte auch ich aufgenommen zu werden, denn Leute, von denen wir nicht Fan sind, dürften hier gar nicht schreiben. ;-)

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